„Gerichte mit Geschichte“ – 5 kulinarische Besonderheiten aus den Segelrevieren

Granita/Sizilien

Eis zum Frühstück? In Sizilien ist das ganz normal. Granita, die sizilianische Version des Sorbets, gibt es auf der Insel schon seit Jahrhunderten und geht in seinen Ursprüngen wohl auf die Zeit zurück, als Sizilien ein muslimisches Emirat war (831 bis 1091). Die neuen Herrscher brachten Wohlstand auf die Insel und haben bis heute spürbaren Einfluss auf die sizilianische Küche. Und sie brachten ein mit Rosenwasser aromatisiertes Kaltgetränk mit, die Urform des Sorbets. Im 11. Jahrhundert begannen die Sizilianer dann, den Schnee des Ätna und anderer Gipfel zu sammeln und zu lagern. Hierzu entstand eigens der Beruf des Nivaroli, die den Schnee in Höhlen und Schneehäusern einlagerten. So konnte die Oberschicht der Insel im Sommer das erste mit Sirup überzogene Eis genießen. Als im 16.Jh. dann die ersten Eismaschinen entwickelt wurden, entstand die moderne Granita mit ihren vielen regionalen Geschmacksrichtungen. Zunächst Zitrone, Jasmin und Maulbeere, später kamen Pistazie, Kaffee und Erdbeere, dann auch Orange, Mandel und Minze hinzu. Dazu gab es z.B. Butterkekse oder Griessbrot, das sizilianische Sommerfrühstück war geboren. Heute hat sich die lokale Version der Brioche als Beilage durchgesetzt, erkennbar am “tuppo”, dem “Gipfel”. Natürlich können Sie die Granita auch zu anderen Tageszeiten genießen, eine klassische Nachspeise ist sie auf Sizilien aber eigentlich nicht.

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Galettes/Bretagne

Einfache Fladenbrote aus Wasser und Mehl sind die älteste Brotform und seit Jahrtausenden in vielen Kulturen belegt. Vom indischen Naan über die griechische Pita, von der Tortilla bis zur Pizza sind uns heute viele Varianten bekannt. Vom Fladenbrot zum Pfannkuchen ist es nur ein kleiner Schritt, auch hier gibt es unzählige regionale Versionen auf allen Kontinenten. In der Bretagne haben die bekannten Crêpes (meist aus Weizenmehl) und die weniger bekannten Galettes (meist aus Buchweizen) eine lange Tradition. Hier gibt es seit dem 9. Jahrhundert den Nachweis von sogenannten Galetières, also flachen, keramischen Platten speziell für ihre Herstellung, die auf einem Gestell über dem Feuer standen. Seit dem 16. Jahrhundert wurden die Galetières aus Gusseisen hergestellt. Interessanterweise hatte weder die keramische noch die gusseiserne Form einen Griff, um die Pfanne zu bewegen und den Teig zu verteilen. Hier kommt der Rozell, der hölzerne Rechen ins Spiel, den wir noch heute an jedem Crêpe-Stand sehen. Da die Böden der Bretagne nicht gut für die Herstellung von Weizen geeignet sind, bauten die Menschen hier Hafer und seit dem Mittelalter auch Buchweizen an. Beides lässt sich wiederum nicht gut als Brotmehl verwenden, daher verspeisen die einfachen Bretonen seit Jahrhunderten Galettes. Zu den bekanntesten Varianten heutzutage gehört das “Galette complète”, gefüllt mit Ei, würzigem Käse und Schinken, dessen Seiten hochgeklappt und zu einem Rechteck geformt werden. Probieren Sie es mal!

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Käse/griechische Ägäis

Käse wird im Mittelmeerraum schon seit Jahrtausenden hergestellt, die ältesten Belege sind mehr als 7000 Jahre alt. Durch die Käseherstellung wird Milch in ein lange haltbares Lebensmittel verwandelt, das zudem  leicht lagerbar und gut transportabel ist. Eine frühe Erwähnung der Käseproduktion in Griechenland findet sich bereits bei Homer. Bei den Athenern der klassischen Antike kamen dann schon Käsesorten von verschiedenen Kykladeninseln auf den Tisch, darunter der besonders beliebte Kythnios tyros, der Käse von der Insel Kythnos. Auch der Frischkäse Chloro wird schon hergestellt, es gibt ihn auf Santorini bis heute. Zu byzantinischer Zeit florieren Käsehandel und -herstellung weiter, der erste Feta wird dann 1494 auf der Insel Kreta erwähnt. Auf den wasserarmen Kykladen bietet das Halten von Ziegen und Schafen eine gute Möglichkeit, Landwirtschaft zu betreiben. Daher ist es nicht verwunderlich, das hier fast jede Insel ihre eigenen Käsesorten herstellt. Doch auch Kuhmilchkäse gibt es hier, z.B. den Hartkäse San Michali auf Syros, offenbar ein Relikt der venezianischen Besetzung der Kykladen im Mittelalter. Zu den bekanntesten Käsesorten der Kykladen heute zählt der Kopanisti, ein pfeffrig-scharfer Weichkäse, den Sie z.B. auf Tinos, Syros und Mykonos finden können. Er wird während der Herstellungsprozesses mehrfach geknetet und dann zu Kugeln geformt. Auf Mykonos wird er seit über 300 Jahren produziert. Eine der neueren Käsesorten ist der Graviera, ein milder Hartkäse mit einem buttrig-nussigen Geschmack, den Sie zum Beispiel auf Naxos und Tinos probieren können. Bei einem Ägäistörn warten viele weitere Sorten darauf, entdeckt zu werden.

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Pasta/Istrien

Historisch stand Istrien meist unter dem Einfluss mächtiger Nachbarn. Zur römischen Kaiserzeit gehörte es zum italienischen Kernland, die Bewohner waren somit römische Bürger. Das Amphitheater in Pula stammt aus dieser Zeit. Im Mittelalter geriet Istrien unter wechselnde Herrscher, dann unter den Einfluss Venedigs, der bis heute in der Architektur vieler Orte an der Westküste erkennbar ist. Bekannte Beispiele finden Sie in Poreč, Piran, Vrsar, Novigrad und Rovinj. Die Ostküste wiederum kommt unter die Herrschaft der Habsburger, die später Opatija zum Kurort ausbauen. In der Küche Istriens werden die verschiedenen Einflüsse nicht nur aufgenommen, sondern zu etwas Eigenem verarbeitet. Dies zeigt sich zum Beispiel in dem typischen Gericht “Žgvacet mit Fuži”, in dem hausgemachte Nudeln mit einem herzhaften Gulasch serviert werden. Die Pasta hat in Istrien eigene Formen und Namen, neben den Fuži zum Beispiel die rechteckigen Pasutice und die länglichen Žbirići oder Pljukanci. Auch die Zutaten der Gerichte sind regional: hochwertige Olivenöle, Wild, Gemüse, Fisch und der bekannte istrische Trüffel, dazu der lokale Wein. Im Herbst finden in mehreren Orten im Inland Trüffelfestivals statt, auf denen Sie die Delikatesse gleich probieren können.

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Fika/Schweden 

Die Kaffeepause Fika ist in Schweden eine Institution. Sie findet im Büro, mit Freunden oder in der Familie statt und ist ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Der erste Kaffee kam schon Ende des 17.Jh. nach Schweden, war aber zunächst schon aus Kostengründen dem Adel und der Oberschicht vorbehalten. In den ersten Kaffeehäusern, die im 18. Jh. entstehen, trafen sich ausschließlich Männer. Sie waren eher mit Kneipen vergleichbar, hier wurde auch Alkohol ausgeschenkt. Dem König war der stetig steigende Kaffeekonsum seiner Untertanen nicht geheuer. Es gab daher mehrere Versuche, den Kaffee zu verbieten, letztlich ohne Erfolg. Im 19. Jahrhundert eröffneten dann die ersten Konditoreien für die Oberschicht. Hier gab es Kaffee und Kuchen, man unterhielt sich und las Zeitung. Seit der Jahrhundertwende konnten sich Frauen hier dann ohne männliche Begleitung treffen, ein enormer Freiheitsgewinn. Auch an Arbeitsplätzen entwickelte sich nach und nach die Institution der Fika-Pause, die Treffen unabhängig von Hierarchie und Herkunft ermöglichte und die schwedische Identität prägte. Fika ist nicht an eine bestimmte Uhrzeit oder an einen bestimmten Ort gebunden, hat aber neben dem Kaffee eine weitere wichtige Zutat, das Fikabröd oder Kaffebröd, also Kaffeegebäck. Traditionell musste eine Kuchenplatte sieben Sorten Kekse und zusätzlich Kuchen enthalten, heute sind zum Beispiel Wienerbröd (Plunder) und Kanelbulle (Zimtschnecken) beliebt.

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